Verborgene Muster, sichtbare Folgen.
Rassismus & Diskriminierung in Deutschland

Monitoringbericht des Nationalen Diskriminierungs- und Rassismusmonitors
Der Bericht geht drei zentralen Fragen nach:
- Wie haben sich rassistische Einstellungen in der deutschen Gesellschaft entwickelt?
- Und welche Erfahrungen machen rassistisch markierte Menschen in ihrem Alltag?
- Welche Auswirkungen haben Diskriminierungserfahrungen?
Zwischen 2022 und 2024 wurden mithilfe des NaDiRa.panels Daten zu rassistischen Einstellungen und Diskriminierungserfahrungen, psychischer Belastung und Vertrauen in Gesellschaft und Institutionen verschiedener Bevölkerungsgruppen erhoben. In der ersten Erhebungswelle (Juni bis November 2022) wurden rund 20.000 Personen und in der fünften Welle (August 2024 bis Januar 2025) rund 9.500 Personen befragt, mit und ohne Migrationshintergrund.
Downloads & Medieninformationen
Presseinformation
Pressekontakt: Angie Pohlers presse(at)dezim-institut.de; 030-200754-130
„Über 60 % der muslimischen Frauen und Schwarzen Menschen erleben verstärkt subtile Formen der Diskriminierung. Diskriminierungserfahrungen erfolgen dabei nicht zufällig, sondern zumeist anhand rassistischer Zuschreibungen. Die Zahlen machen deutlich: Rassismus ist für viele Menschen in Deutschland nicht die Ausnahme, sondern die Regel.“
Die Studie
Die Aufgabe des NaDiRa ist es, Ursachen, Ausmaß und Folgen von Diskriminierung und Rassismus systematisch zu untersuchen. Um das Ausmaß von Rassismus erfassen zu können, bedarf es einer systematischen und kontinuierlichen Erfassung und Untersuchung von Einstellungen und Erfahrungen. Der Monitoringbericht schließt damit eine bestehende Lücke, da quantitative Erhebungen zu Rassismus in Deutschland fehlen. Auf die Erfahrungen der von Rassismus Betroffenen in diesen gesellschaftlichen (Bedrohungs-)Situationen wird in der empirischen Forschung des NaDiRa besonderer Wert gelegt, damit diese Erfahrungen nicht als persönliche Anekdoten banalisiert werden.
Zwischen 2022 und 2024 wurden mithilfe des NaDiRa.panels Daten zu rassistischen Einstellungen und Diskriminierungserfahrungen, psychischer Belastung und Vertrauen in Gesellschaft und Institutionen verschiedener Bevölkerungsgruppen erhoben. In der ersten Erhebungswelle (Juni bis November 2022) wurden rund 20.000 Personen und in der fünften Welle (August 2024 bis Januar 2025) rund 9.500 Personen befragt, mit und ohne Migrationshintergrund.
Der NaDiRa-Monitoringbericht erscheint jährlich und liefert eine wissenschaftlich fundierte Grundlage für die politische und gesellschaftliche Auseinandersetzung mit Rassismus und Diskriminierung in Deutschland.
„Rassistische Diskriminierung findet in nahezu allen gesellschaftlichen Bereichen statt. Das verdeutlicht die strukturellen Dimensionen von Rassismus. Es ist wichtig, diese Tendenzen kontinuierlich zu erfassen, um den akuten Handlungsbedarf offenzulegen. Deutschland als Vertragsstaat des ICERD ist dazu verpflichtet, Betroffene vor Diskriminierung zu schützen und Maßnahmen zur Gleichberechtigung zu ergreifen. Mit dem nun jährlich erscheinenden Monitoringbericht liefern wir eine fundierte Grundlage für gezielte politische Maßnahmen, um diesen Verpflichtungen gerecht zu werden.“
Mehr als ein Fünftel der deutschen Gesamtbevölkerung hat gefestigte rassistische Einstellungen. 22 % aller Befragten glauben, dass ethnische und religiöse Minderheiten in den letzten Jahren wirtschaftlich mehr profitiert haben, als ihnen zusteht.
23 % sind der Meinung, dass ethnische und religiöse Minderheiten zu viele Forderungen nach Gleichberechtigung stellen. Diese Befunde zeigen, dass rassistische Vorurteile verbreitet sind und über den Zeitraum 2022-2024 innerhalb der Gesamtbevölkerung fortbestehen.
54 % der rassistisch markierten Menschen erfahren Alltagsdiskriminierung:
Mehr als jede zweite rassistisch markierte Person (54 %) erfährt mindestens monatlich Diskriminierung – bei nicht rassistisch Markierten sind es 32 %. Besonders betroffen von subtilen Diskriminierungsformen sind muslimische (61 %) und Schwarze Frauen (63 %) sowie Schwarze Männer (62 %). Hautfarbe ist für Schwarze (bis zu 84 %) und asiatische Menschen (bis zu 52 %) der häufigste Diskriminierungsgrund, muslimische Personen nennen vor allem ihre Religion (bis zu 51 %). Zudem berichten bis zu 55 % der asiatischen und bis zu 51% muslimischen Befragten, als „nicht deutsch“ wahrgenommen und benachteiligt zu werden. Die Zahlen zeigen: Diskriminierungserfahrungen sind nicht zufällig, sondern erfolgen anhand rassistischer Zuschreibungen.
42 % der Schwarzen Männer und 38 % muslimische Frauen erfahren Diskriminierung vor allem im öffentlichen Raum:
Rassistisch markierte Menschen erfahren Diskriminierung im öffentlichen Raum, in Ämtern, Behörden, der Freizeit sowie bei Polizei und Justiz. Am häufigsten tritt Ungleichbehandlung im öffentlichen Raum auf: 42 % der Schwarzen Männer und 38 % der muslimischen Frauen berichten von regelmäßigen negativen Erfahrungen. Auch in Restaurants, Geschäften und bei Veranstaltungen sind Schwarze Männer (36 %), Schwarze Frauen (30 %), muslimische (24 %) und asiatische Personen (23 %) überdurchschnittlich betroffen. In Ämtern und Behörden erleben besonders muslimische (37 %) und Schwarze Frauen (29 %) Diskriminierung. Ein zentrales Problem ist Diskriminierung durch die Polizei: 19 % der muslimischen und 18 % der Schwarzen Männer berichten von negativen Erfahrungen.
Diskriminierung geht mit einem erhöhten Risiko psychischer Belastung einher:
Menschen, die mindestes einmal im Monat Diskriminierung erfahren, berichten deutlich häufiger von Symptome für Depressionen und Angststörungen als jene ohne solche Erlebnisse. Besonders betroffen sind muslimische und asiatische Personen: Jede dritte Person, die häufig Diskriminierung erfährt, leidet unter moderaten bis schweren Symptomen – im Vergleich zu rund 10 % der Nicht-Betroffenen.
Besonders bei Betroffenen von Diskriminierung sinkt das Vertrauen in staatliche Institutionen:
Seit 2022 ist das Vertrauen in staatliche Institutionen gesunken, besonders bei Betroffenen von Diskriminierung. In diesem Zeitraum ist das Vertrauen in die Bundesregierung um bis zu 20 Prozentpunkte gesunken, vor allem bei muslimischen und asiatischen Menschen. Auch das Vertrauen in Polizei und Justiz nimmt ab, besonders bei Menschen mit Diskriminierungserfahrung. So vertrauen 87 % der muslimischen Personen der Polizei, wenn sie keine Diskriminierung erlebt haben – jedoch nur 19 %, wenn sie häufig durch diese diskriminiert wurden. Bei asiatischen Menschen sinkt das Vertrauen von 86 % auf 4 %, wenn sie häufig Diskriminierung durch die Polizei erfahren haben.
Ausgewählte Analysen und Auswertungen
Rassistische Einstellungen im Wandel
– Modern Racism Scale
Die Entwicklung Modern Racism Scale (1986) in der Forschung lässt sich als Versuch verstehen, die Vielschichtigkeit und Anpassungsfähigkeit rassistischer Einstellungen erfassen zu können. Sie wurde entwickelt, um subtile rassistische Einstellungen und Dynamiken zu messen, die nicht offen oder direkt geäußert werden, sondern verborgen und rationalisiert auftreten und sich dadurch gesellschaftlicher Kritik entziehen können.
Im NaDiRa.panel wurde die Skala für den deutschsprachigen Kontext übersetzt, um eine differenzierte Analyse rassistischer Einstellungen und ihrer subtilen Manifestationen zu ermöglichen.
Die auf den deutschsprachigen Raum übersetzte Skala umfasst sechs Einstellungsitems, zu denen die Befragten auf einer fünfstufigen Skala den Grad ihrer Zustimmung ausdrücken konnten:
Verleugnung von andauernder Diskriminierung
- „Es ist verständlich, dass Angehörige ethnischer und religiöser Minderheiten in Deutschland wütend sind.“
- „Die Diskriminierung von Angehörigen ethnischer oder religiöser Minderheite ist kein Problem mehr in Deutschland.
Wahrnehmung von überhöhten Foderungen
- „Angehörige ethnischer und religiöser Minderheiten sollten sich nicht in
das öffentliche Leben und die Politik einmischen.“ - „Ethnische und religiöse Minderheiten stellen zu viele Forderungen nach
Gleichberechtigung.“
Unverdiente Vorteile
- „In den letzten Jahren haben ethnische und religiöse Minderheiten in
Deutschland wirtschaftlich mehr profitiert, als ihnen zusteht.“ - „In den letzten Jahren haben Staat und Medien mehr Rücksicht auf ethnische
und religiöse Minderheiten genommen, als ihnen zusteht.“
Die Modern Racism Scale misst Einstellungen, die mit konservativen Ideologien und rassistischen Vorurteilen korrelieren Diese Korrelation ist analytisch bedeutsam, da konservative
Gerechtigkeitsvorstellungen und rassistische Argumentationen, die Maßnahmen zur Gleichstellung ablehnen, oft ähnliche Begründungsmuster aufweisen . So kann die Zurückweisung von Gleichstellungs- und Antidiskriminierungspolitiken sowohl auf einem meritokratischen Leistungsprinzip beruhen als auch auf rassistischen Motiven, die bestehende Ungleichheiten als legitim oder natürlich ansehen.
Zustimmungshäufigkeit zu rassistischen Einstellungen der Modern Racism Scale nach Geschlecht und Alter 2024

Lesebeispiel: Der Anteil an Männern im Alter von 55 bis 64 Jahren, der rassistischen Einstellungen häufig zustimmt, liegt in der 5. Erhebungswelle bei 16 %, der Anteil an Männern im Alter von 18 bis 24 Jahren bei 7 %. Häufige Zustimmung be-
deutet, dass Personen mehr als der Hälfte der Aussagen der Modern Racism Scale „eher“ oder „voll und ganz“ zustimmen.
Quelle: NaDiRa.panel, 5. Welle (gewichtet), eigene Berechnungen. N = 9.116. Anteile unter 3 % sind nicht ausgewiesen
Abbildung 2 zeigt die Zustimmungshäufigkeit zu den Einstellungsitems der Modern Racism Scale für 2024, differenziert nach Geschlecht und Alter.
„Häufige Zustimmung“ liegt vor, wenn Personen mehr als der Hälfte der Aussagen beipflichten, während „seltene bis mittlere Zustimmung“ ein bis drei Aussagen und „keine Zustimmung“ keinerlei eindeutige Zustimmung umfasst.
Dabei weisen Männer im Durchschnitt ein höheres Maß an rassistischen Einstellungen auf als Frauen: Der Anteil an Männern, die rassistischen Einstellungen häufig zustimmen, liegt 2024 bei 12 %, an Frauen bei 8 %.
Mit zunehmendem Alter steigt außerdem die Zustimmung zu den Einstellungsitems der adaptierten Modern Racism Scale (häufige Zustimmung: 25–34 Jahre: 8 %; 55–64 Jahre: 13 %).
Zustimmungshäufigkeit zu rassistischen Einstellungen der Modern Racism Scale nach Gruppenzugehörigkeit

Racism Scale nach Gruppenzugehörigkeit (Anteile in Prozent) 2022/2024
Lesebeispiel: In der 5. Erhebungswelle stimmen 54 % der Schwarzen Menschen keiner der rassistischen Einstellungen der Modern Racism Scale zu. Gleichzeitig geben 14 % der nicht rassistisch markierten Menschen rassistischen Einstellungen häufig ihre Zustimmung. Häufige Zustimmung bedeutet, dass Personen mehr als der Hälfte der Aussagen der Modern Racism Scale „eher“ oder „voll und ganz“ zustimmen.
Quelle: NaDiRa.panel (gewichtet), eigene Berechnungen. 1. Welle: N = 19.179, 5. Welle: N = 8.972. (Da sich Personen mehreren Gruppen gleichzeitig zugehörig fühlen können, gibt es auch Mehrfachzählungen im Sample. Die Ergebnisse basieren auf den Angaben von 1. Welle: 17.361 Individuen, 5. Welle: 8.592
Individuen.)
Im zeitlichen Vergleich zeigt sich bei nicht rassistisch markierten Menschen ein leichter Anstieg rassistischer Einstellungen: Der Anteil derjenigen, die keiner Aussage der Modern Racism Scale zustimmen, ist 2024 (39 %) geringer als 2022 (43 %), während der Anteil an Personen mit häufiger Zustimmung 2024 höher liegt (14 % gegenüber 12 % in 2022). Die durchschnittlichen Zustimmungswerte dieser Gruppe bewegen sich somit auf einem ähnlichen, leicht erhöhten Niveau wie 2022. Für muslimische Menschen zeigt sich hingegen eine gegenläufige Entwicklung: Der Anteil derjenigen, die keiner rassistischen Einstellung zustimmen, ist 2024 (51 %) größer als noch 2022 (43 %).
Dass auch von Rassismus betroffene Gruppen der Skala zustimmen, verweist auf die Komplexität rassistischer Ideologien. Einerseits können internalisierte gesellschaftliche Hierarchien dazu führen, dass Betroffene sich bestehenden Deutungsmustern anschließen. Andererseits zeigt sich hier die Anschlussfähigkeit konservativer Gerechtigkeitsvorstellungen für verschiedene gesellschaftliche Gruppen – unabhängig von eigener Diskriminierungserfahrung.
Eine alltägliche Erfahrung
– Diskriminierung und ihre rassistischen Konnotationen
Moderne rassistische Einstellungen sind Nährboden für gesellschaftliche Ausgrenzung. Daher erfasst das NaDiRa.panel neben modernen rassistischen Einstellungen ebenso subjektive Diskriminierungserfahrungen. Diskriminierung umfasst dabei beispielsweise Benachteiligungen aufgrund von Merkmalen wie Alter, Behinderung, Geschlecht, Religion, sexuelle Identität, ethnische Herkunft – oder aus rassistischen Gründen.
Da bestimmte Formen von Diskriminierung oft verdeckt stattfinden, bleibt ihre sozialwissenschaftliche Konzeptualisierung und Messung eine Herausforderung. Ein etabliertes und vielfach eingesetztes Instrument zur Erfassung alltäglicher Diskriminierung ist die Everyday Discrimination Scale. Angelehnt an diese Skala wurde im NaDiRa.panel ein Messinstrument entwickelt, das sowohl subtile als auch offenkundige Diskriminierungserfahrungen im täglichen Leben abbildet.
Zu den offenkundigen Diskriminierungserfahrungen zählen Beschimpfungen, Belästigungen, Bedrohungen oder körperliche Angriffe.
Im Bereich subtiler Formen wurde abgefragt, ob Personen unfreundlich behandelt, nicht ernst genommen, ignoriert oder angestarrt wurden oder ob es vorkam, dass andere Menschen ihnen das Gefühl gaben, dass sie Angst vor ihnen hätten.
Subtile und offenkundige Diskriminierungserfahrungen in den letzten 12 Monaten nach Gruppenzugehörigkeit und Geschlecht 2024

12 Monaten nach Gruppenzugehörigkeit und Geschlecht (Anteile in Prozent)
2024
Lesebeispiel: 21 % der weiblichen Befragten, die sich als muslimisch identifizieren, haben in den letzten 12 Monaten mindestens einmal im Monat offenkundige Diskriminierung erfahren.
Quelle: NaDiRa.panel, 5. Welle (gewichtet), eigene Berechnungen. Subtile Diskriminierung: N = 9.058; offenkundige Diskriminierung: N = 9.048. (Da sich Personen mehreren Gruppen gleichzeitig zugehörig fühlen können, gibt es auch Mehrfachzählungen im Sample. Die Ergebnisse basieren auf den Angaben von subtiler Diskriminierung: 8.674 Individuen, und offenkundiger Diskriminierung: 8.665 Individuen.)
In der Abbildung 5 werden die Ergebnisse der beiden Diskriminierungsindizes dargestellt. Dabei sind die Ergebnisse sowohl getrennt nach Geschlecht als auch differenziert für alle im NaDiRa.panel berücksichtigten Gruppenzugehörigkeiten dargestellt.
Für sowohl subtile als auch offenkundige Diskriminierungserfahrungen zeigen sich Unterschiede zwischen verschiedenen Gruppen. Frauen berichten häufiger von subtilen Formen als Männer. Besonders betroffen sind Schwarze (63 %), muslimische (61 %), osteuropäische (55 %) und asiatische Frauen (45 %). Bei Männern sind es Schwarze (62 %), asiatische (47 %) und muslimische Männer (52 %), die häufiger von subtiler Diskriminierung berichten. Auch offenkundige Diskriminierung tritt in bestimmten Gruppen verstärkt auf. Muslimische Frauen (21 %) und Männer (16 %) sowie Schwarze Frauen (21 %) und Männer (25 %) geben überdurchschnittlich oft an, solche Erfahrungen gemacht zu haben. Osteuropäische Frauen (23 %) und Männer (15 %) berichten ebenfalls überdurchschnittlich häufig von offenkundiger Diskriminierung.
Psychische Belastung
– mehr als ein individuelles Problem
Die erlebten Diskriminierungserfahrungen bleiben selten nur situative Ereignisse im Alltag der Betroffenen. Sie hinterlassen körperliche Spuren, die über den Moment hinauswirken und das individuelle Wohlbefinden nachhaltig beeinträchtigen können (Krieger 2005). Psychische Erkrankungen sind nicht nur eine individuelle Belastung, sondern haben weitreichende gesellschaftliche Folgen.
Um die psychische Belastung der Befragten im NaDiRa.panel zu erfassen, wurde die PHQ- 4-Skala (Löwe et al. 2010) eingesetzt – ein etabliertes Screening-Instrument zur Messungpsychischen Stresses. Die Teilnehmenden beantworteten dazu die folgende Frage:
„Wie oft fühlten Sie sich im Verlauf der letzten zwei Wochen durch die folgenden Beschwerden
beeinträchtigt?“
- Wenig Interesse oder Freude an Ihren Tätigkeiten
- Niedergeschlagenheit, Schwermut oder Hoffnungslosigkeit
- Nervosität, Ängstlichkeit oder Spannung
- Nicht in der Lage sein, Sorgen zu stoppen oder zu kontrollieren
Die Antwortmöglichkeiten reichten von „überhaupt nicht“ (0) über „an einzelnen Tagen“ (1) und „an mehr als der Hälfte der Tage“ (2) bis „beinahe jeden Tag“ (3). Auf Basis der vier Items wurde ein Gesamtscore berechnet, der sich aus der Summe der Antworten ergibt und Werte zwischen 0 und 12 annehmen kann.
Psychische Belastung auf der PHQ-4-Skala nach Gruppenzugehörigkeit und Geschlecht (Mittelwerte) 2022/2024

Lesebeispiel: Muslimische Männer weisen in der 1. Erhebungswelle einen durchschnittlichen PHQ-4-Wert von 3,6 auf, muslimische Frauen einen Wert von 4 – beide liegen damit im Bereich milder Belastungssymptome.
Quelle: NaDiRa.panel, (gewichtet), eigene Berechnungen. 1. Welle: N = 18.494, 5. Welle: N = 8.606. (Da sich Personen mehreren Gruppen gleichzeitig zugehörig fühlen können, gibt es auch Mehrfachzählungen im Sample. Die Ergebnisse basieren auf den Angaben von 1. Welle: 16.770 Individuen, 5. Welle: 8.248 Individuen.)
Die Abbildung stellt die durchschnittlichen, gruppenspezifischen PHQ-4-Werte getrennt nach Geschlecht und den Messzeitpunkten der 1. Welle (2022) und 5. Welle (2024) dar.
Die Ergebnisse zeigen, dass die durchschnittlichen psychischen Belastungswerte über den beobachteten Zeitraum insgesamt niedrig ausfallen. Das bedeutet, dass sich für die Mehrheit der Befragten keine bis milde Symptome feststellen lassen.
Dennoch sind relevante Unterschiede zwischen den Gruppen erkennbar: Rassistisch markierte Personen zeigen durchgängig eine höhere psychische Belastung als nicht rassistisch markierte Menschen. Dieser Unterschied bleibt über beide Befragungszeitpunkte hinweg stabil.
Innerhalb der rassistisch markierten Gruppen lassen sich jedoch keine signifikanten Unterschiede in der durchschnittlichen Belastung feststellen. Geschlechtsspezifisch weisen Frauen in allen Gruppen tendenziell höhere Belastungswerte auf als Männer.
Der Geschlechterunterschied ist jedoch nur in der Gruppe der nicht rassistisch markierten Personen statistisch signifikant. Hinsichtlich der zeitlichen Entwicklung bleibt das allgemeine Niveau der psychischen Belastung weitgehend gleich.
Allerdings kann in rassistisch markierten Gruppen zum Teil ein leichter Anstieg der psychischen Belastung im Zeitverlauf beobachtet werden, mit Ausnahme Schwarzer Frauen, deren Werte über die Zeit etwas zurückgehen.
Dieser Befund ist jedoch mit Vorsicht zu interpretieren, da die geringe Fallzahl dieser Gruppe keine belastbaren Schlussfolgerungen zulässt und keine allgemeingültigen Aussagen ermöglicht.
Rassismus und Gesundheit
Auch interessant: Der letzte Schwerpunktbericht des NaDiRa hat aufgedeckt, dass rassistisch markierte Menschen beim Zugang zur Gesundheitsversorgung in Deutschland (rassistisch) diskriminiert werden (DeZIM 2023).
Vertrauen als soziale Ressource
Die Ergebnisse zu Diskriminierungserfahrungen verdeutlichen, dass Ausgrenzung weit über individuelle Vorfälle hinausgeht und strukturell verankert ist. Diese Erfahrungen haben nicht
nur unmittelbare Auswirkungen auf das Wohlbefinden der Betroffenen, sondern prägen auch ihr Vertrauen in Gesellschaft und Institutionen. Vertrauen ist eine zentrale soziale Ressource,
die Gesellschaften zusammenhält – sowohl im zwischenmenschlichen Bereich als auch gegenüber staatlichen Institutionen.
Vor diesem Hintergrund untersucht der Monitoringbericht die Entwicklung von institutionellem und generalisiertem Vertrauen der vergangenen zwei Jahre sowie die dahinterliegenden gesellschaftlichen Dynamiken.
Zur Messung des generalisierten Vertrauens wurde im NaDiRa.panel ein Befragungsinstrument entwickelt, das an Yamagishi und Yamagishi (1994) angelehnt ist. Die Teilnehmenden
wurden gefragt: „Ganz allgemein gesprochen: Glauben Sie, dass man den meisten Menschen vertrauen kann, oder dass man im Umgang mit anderen Menschen nicht vorsichtig genug
sein kann?“ Die Einschätzung konnten sie auf einer siebenstufigen Skala angeben, die von 1 („den meisten Menschen kann man vertrauen“) über 4 („teils/teils“) bis 7 („man kann nicht
vorsichtig genug sein“) reichte.
Allgemeines Vertrauen nach Gruppenzugehörigkeit und Geschlecht (Anteile in Prozent) 2024

(Anteile in Prozent) 2024
Lesebeispiel: Unter muslimischen Männern gaben 21 % an, dass man im Umgang mit anderen Menschen nicht vorsichtig genug sein kann, während dieser Wert bei muslimischen Frauen bei 29 % liegt.
Quelle: NaDiRa.panel, 5. Welle (gewichtet),
eigene Berechnungen. N = 9.009. (Da sich Personen mehreren Gruppen gleichzeitig zugehörig fühlen können, gibt es auch Mehrfachzählungen im Sample. Die Ergebnisse basieren auf den Angaben von 8.632 Individuen.) Anteile unter 3 % sind
nicht ausgewiesen.
Abbildung 11 zeigt die Verteilung des generalisierten Vertrauens nach Gruppenzugehörigkeit und Geschlecht. Um die Ergebnisse zu beschreiben, werden die Antworten, die hohes Vertrauen signalisieren (5 bis 7), zur besseren Übersicht zusammengefasst. Nicht rassistisch markierte Personen weisen mit über 40 % den höchsten Anteil an Menschen mit hohem Vertrauen auf – unabhängig vom Geschlecht. Im Gegensatz dazu zeigen Schwarze und muslimische Personen niedrigere Vertrauenswerte (maximal 26 %).
Während sich das Vertrauen zwischen Männern und Frauen bei nicht rassistisch markierten Personen kaum unterscheidet, zeigen sich in einigen rassistisch markierten Gruppen moderate Unterschiede: Frauen äußern tendenziell weniger Vertrauen und mehr Skepsis als Männer. Besonders deutlich ist dieser Unterschied bei muslimischen und Schwarzen Menschen sowie bei Deutschen mit Migrationshintergrund. Zudem bestehen zwischen nicht rassistisch markierten und rassistisch markierten Gruppen teils deutliche Unterschiede, die sich für beide Geschlechter zeigen
Wie sich das Vertrauen in die Politik verändert
Auch interessant: Wie veränderte sich das Vertrauen in die Politik in den letzten Jahren? Die neue NaDiRa-Studie liefert Ergebnisse zu Vertrauen in Bundesregierung und Politiker*innen in Deutschland im Vergleich von 2022 zu 2024.
Handlungsempfehlungen
Die Ergebnisse zeigen, dass Rassismus kein individuelles Problem ist, sondern tief in gesellschaftliche Strukturen eingebettet ist. Um gleichberechtigte Teilhabe und Vertrauen in Institutionen zu fördern, braucht es gezielte Maßnahmen. Das NaDiRa-Monitoring liefert dafür wertvolle Daten, Analysen und Handlungsempfehlungen:
Bildung & Sensibilisierung
- Sensibilisierung für moderne Formen von Rassismus
- Diskriminierungssensibilisierung vertiefen
- Rassismuskritische Aus- und Weiterbildung für Lehrkräfte, Polizei & Verwaltung
- Öffentliche Diskurse gegen rassistische Narrative stärken
Schutz & Beratung
- Leicht zugängliche Antidiskriminierungsstellen stärken und ausbauen
- Kompetenzaufbau für Berater*innen
- Unabhängige Beschwerdestellen für Polizei & Behörden schaffen
Mentale Gesundheit
- Mehrsprachige & kultursensible Therapieangebote fördern
- Diskriminierungssensible Gesundheitsversorgung sicherstellen
- Psychosoziale Unterstützungsangebote ausbauen
Vertrauen in Institutionen
- Mehr Repräsentation von marginalisierten Gruppen in Politik & Verwaltung
- Interne Kontrollmechanismen etablieren
- Strengere Sanktionen bei Diskriminierung durch Behörden
Forschung & Daten
- Regelmäßige Erhebung von Rassismus-Erfahrungen sicherstellen
- Betroffene aktiv in die Forschung einbinden. Rassismusforschung partizipativ und ethisch gestalten